Marieluise Fleißer
Eine Zierde für den Verein
Lesung mit Musik
Sprecherin: Eva Sixt. Musik: Norbert Vollath
2 Audio-CDs, 120 Minuten, 17,90 €
ISBN 978-3-939529-10-1
Hörprobe 1
Hörprobe 2
Hörprobe 3
Eine oberbayerische Provinzstadt am Ende der 20er Jahre. Wo die Liebe hinfällt: Frieda Geier, die auf ihren eigenen Beinen mitten im Leben steht, sich ohne männliche Hilfe durch die Wirtschaftskrise schlägt und ihrer kleinen Schwester eine höhere Schulausbildung finanziert, verliebt sich in Gustl Gillich, Tabakwarenhändler, Sportkanone, Stolz des örtlichen Schwimmvereins – und Möchtegern-Patriarch. Die Beziehung gestaltet sich als zusehends kompliziert: Aufbrechendes weibliches Selbstbewusstsein und überkommene Konventionen prallen aufeinander. Zu verschieden sind die Vorstellungen von Geschlechterrollen, von Unterwürfigkeit und Dominanz, Bevormundung und Abhängigkeiten. Hinzu kommen später verletzte Eitelkeit und gekränkter Stolz. Die Geschichte endet tragischer, als sie es müsste.
Über Marieluise Fleißers einzigen – 1931 erschienenen – Roman »Mehlreisende Frieda Geier« befand die Kritik: „Hier ist der Schlüssel zu Marieluise Fleißers verstiegenem und überdrehtem Stil, der zum Gelächter reizt und im gleichen Augenblick verblüffend schreckt.“ Die Nationalsozialisten setzten ihn auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. 1972 erschien der Roman neu in einer von der Autorin überarbeiteten Fassung unter dem Titel »Eine Zierde für den Verein«.
»Eine Zierde für den Verein« wurde im November 2011 in der Hörbuchbestenliste des Hessischen Rundfunks geführt.
Marieluise Fleißers Erwachsenenleben beginnt in den wilden Jahren der Weimarer Republik mit einem Aufbruch – freilich als Frau im Patriarchat, gewissermaßen unter der fürsorglichen Aufsicht zweier bedeutender Männer: zuerst Lion Feuchtwanger in München, der sie dazu bringt, alles, was sie bis dahin geschrieben hat, zu verbrennen; dann Bertolt Brecht, den sie nicht nur verehrt, sondern liebt und der sie mit nach Berlin nimmt und „groß“ machen möchte. Aber diese Karriere scheitert. Fleißer, die bedeutende Autorin, scheint für die hektische Produktionsweise in einem gnadenlosen Markt nicht geschaffen.
Nachdem die Kooperation mit den fördernden und fordernden Männern zu Ende gegangen ist, gerät sie an die Liebestyrannen, die sie nur noch ausbeuten und aussaugen, vor allem an den fatalen Möchtegern-Schriftsteller Hellmut Draws-Tychsen, später dann an ihre Langzeitliebe Bepp Haindl, dessen Liebe sie, mit einem Horváth-Wort, „nicht entgeht“, und der sie in die Provinz und in ein enges Ingolstädter Kleinstbürgerleben zurückholt, dem sie einst entfliehen wollte.
Ihre zweite Karriere beginnt, nach einer furchtbaren Latenzzeit, die sie auch in die Psychiatrie führte, nach dem Krieg mit einem Achtungserfolg an den Kammerspielen (»Der starke Stamm«) und dann, nach Bepp Haindls Tod, ganz allmählich mit neuen Arbeiten, vor allem der legendären Schlüsselerzählung »Avantgarde«, die aber weniger Dokument, sondern eher Revision und „Erfindung“ (im Sinne Max Frischs) ihres Lebens ist.
Eva Sixt studierte Philosophie und Literaturwissenschaft, ehe sie sich dazu entschied, freiberuflich als Schauspielerin, Sängerin und Dramaturgin zu arbeiten.
Sie spielt regelmäßig Theater unter der Regie Joseph Berlingers, arbeitete dramaturgisch u.a. für das Bayerische Staatsschauspiel und das Münchner Metropol-Theater und tritt seit vielen Jahren als Sängerin des Chanson-Ensembles »Trio Trikolore« auf. Neben anderen Lesungen und Hörfunkproduktionen veröffentlichte sie 2005 »Emerenz Meier – Out of Heimat« (gemeinsam mit Monika Drasch). 2011 wirkte Eva Sixt in einer Hauptrolle in Josef Mayerhofers Kinofilm »Mischgebiet« mit.
Im Jahr 2003 war sie Neumüller-Stipendiatin, 2006 wurde sie mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg ausgezeichnet.
Für unser Fleißer-Hörbuch hat Eva Sixt die Textauswahl besorgt und liest die Geschichte einfühlsam, ausdrucksstark, packend und mit dem gebührenden bairischen Grundton in der Stimme.
Norbert Vollath (1956–2015) war als Komponist, Saxophonist und Bassklarinettist im Bereich Improvisation und unterschiedlichsten musikalischen Stilrichtungen tätig. Als Mitbegründer der Formationen »Die Negerländer«, »Duo De Clarinettes-Basses« und »Duo Extrakt« konzertierte er – teils mit Unterstützung des Goethe-Instituts – auf Festivals und Konzertveranstaltungen im In- und Ausland. Daneben war er als Musiker und Komponist in zahlreichen Projekten und unterschiedlichen Genres aktiv. Schwerpunkte waren die Vertonung von Stummfilmen, Musik für Lesungen, Literaturprojekte und Hörbücher, Theater, Rundfunk und Fernsehen.
Zu unserer »Zierde für den Verein« hat Norbert Vollath mit Bassklarinette, Sopransaxofon und Shruti Box einen in sich geschlossenen Soundtrack kreiert, der musikalisch das Beziehungsgeflecht der handelnden Personen illustriert, die Enge einer mittleren Provinzstadt am Ende der Weimarer Republik, aber auch den häufig aufblitzenden hintergründigen Fleißer'schen Humor.
„So unmittelbar sich Marie Luise Fleißer im Horizont ihrer Romanfiguren bewegt, so genau gibt Eva Sixt ihn in ihrer Lesung wieder. Nuanciert wechselt sie Lautstärke und Ton, klingt beherzt, dann wieder verängstigt, zart, zweifelnd, brutal.“
Olga Hochweis, Deutschlandradio Kultur
„Man würde Eva Sixt ja auch zuhören, wenn sie das Telefonbuch von Peking vorläse. Jetzt liest sie aber einen der schönsten und dennoch unbekanntesten Romane, der jemals über Bayern geschrieben wurde.“
Florian Sendtner, lichtung
„Ein großer Wurf.“
Florian Welle, Süddeutsche Zeitung
„Einfühlsam und ausdrucksstark gelesen.“
Bayern 2-Favoriten
„So bekommen die Begebenheiten ums Rauchen, Sporteln, Lieben und Verkaufen eine stimmige, dichte Atmosphäre. Ein tolles Hörbuch!“
Christian Kosfeld, hr2
„souverän gelesen von Eva Sixt und mit stimmigen Zwischenmusiken des Saxophonisten und Klarinettisten Norbert Vollath […]. Eine überzeugende Hörbuchumsetzung, die Lust macht, den deutlich umfangreicheren Roman auch nochmal selbst zu lesen.“
Bernhard Jugel, Bayern 5
„Norbert Vollath […] umrahmt die Textpassagen mit ziemlich ruhigen Kompositionen. Das fügt sich sehr schön; Eva Sixt selber, eine noch relativ junge Schauspielerin, Sängerin und Dramaturgin, hat diese Textpassagen selber ausgewählt, und man kann die übrigens auch gut hören, ohne den Roman zu kennen.“
Dorothee Meyer-Kahrweg, hr2 Audio
„Eva Sixt liest mit angenehm bayerischer Dialektfärbung und der Saxophonist und Klarinettist Norbert Vollath umrahmt die tragische Geschichte mit ruhigen Kompositionen.“
Jury der hr2-Bestenliste
„Diese Neufassung liegt jetzt einer geschickt gekürzten Lesung von Eva Sixt zugrunde, die in zwei kurzweiligen Stunden Lust auf eine Lektüre des Romans macht.“
Alexander Košenina, Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Eindringlich und mit schön gerolltem R gelesen von Eva Sixt [...]. Dazwischen schöne Soli auf dem Bass-Saxophon von Norbert Vollath.“
Klaus Bovers, MUH
„Das exzellent produzierte Hörbuch bietet die seltene Möglichkeit, das Lebensgefühl der um Selbstbestimmung kämpfenden deutschen Frauen der späten 20er Jahre nachzuempfinden..“
dpa
„[...] liest die Regensburger Schauspielerin und Sängerin Eva Sixt in einfühlsamem Ton mit dem gebührenden leicht bayerischen Grundton.“
Susanne Wolke, Der Neue Tag
„Ein Gesellschaftsporträt von ungewöhnlicher Schärfe. Auf zwei CDs erweckt die Schauspielerin Eva Sixt Fleißers präzise, herrliche Milieustudien zu neuem Leben.“
Stefan Gnad, Nürnberger Nachrichten
„Das Hörbuch vermittelt uns eine Zeit, in der Frauen (trotz Wahlrecht und Zugang zu Universitäten) kaum Rechte und Chancen hatten. Das zentrale Thema ist das alltägliche Netz von Abhängigkeiten, in dem sich sowohl die unverheiratete, wie die verheiratete Frau befand.“
Lysann Weser, kultur-ostbayern.de
„Die 'Performance' ist bei diesem zu Recht ausgezeichneten Hörbuch nicht nur Vortrag eines Textes, sondern auch dessen andere Seite. Die Fleißer ist eine Virtuosin des schreindsten Schweigens, das muss man hörbar machen.“
Helmut Hein, Mittelbayerische Zeitung
„Eva Sixt trifft den lakonischen Erzählton Fleißers perfekt. Von ihr stammt auch die Textauswahl, bei der sie mit viel Gespür die zentralen Aussagen der Autorin über diese unbarmherzige Kleinstadtidylle zu einem stimmigen Bild zusammenfügt.“
Christine Riedl-Valder, Passauer Neue Presse
Die anklingende Emanzipation und die Veränderung der Geschlechterrollen am Ende der Weimarer Republik, Stolz und Eitelkeiten machen die […] Geschichte zu einem packenden Hörbuch, das Norbert Vollath mit seinem eigens komponierten Soundtrack abrundet.
Mathias Wagner, Rundschau
„Marieluise Fleißer zum neu oder wieder Entdecken.“
Donaukurier
„Eine geglückte Hommage an Marieluise Fleißer [...], eine intelligent gemachte Doppel-CD mit Musik, die auch ein Stück bayerische Literaturgeschichte ist.“
Kulturjournal
„Das Hörbuch bezeugt die Qualität eines Verlags, der sich Nischen sucht; es ist ein Aushängeschild für ein 'weniger ist mehr': Dank der Regie, der Sprecherin und dem Soloinstrumentalisten.“
Irmgard Schroll-Decker, Die Besprechung
„Lust auf eine literarische Wiederentdeckung? [...] Hörenswert.“
EUROSAAR